Manche von uns benutzen seit Jahren ein und dasselbe, andere fertigen ihre eigenen an, wieder andere nehmen Zugtickets oder Postkarten. Aber wie kamen Lesezeichen überhaupt in die Welt - und was verraten sie über uns? Letztes Jahr fuhren wir in den Ferien nach England. Als wir in der Stadt Bath einen Stopp machten, um die beeindruckende Kathedrale anzuschauen, gab es in der Souvenir-Ecke am Ausgang etliches uninteressantes Zeug zu erstehen, und wir mussten unseren Kindern ausreden, Geld dafür auszugeben. Dann aber hielt mein ältester Sohn ein dunkelgrünes Lesezeichen aus Leder in der Hand, auf das die Fassade der Kathedrale goldfarben gestanzt war. Er sah mich mit bittendem Blick an. Und obwohl er zu Hause bereits jede Menge Lesezeichen besitzt, konnte ich gut verstehen, dass er dieses auch noch unbedingt mitnehmen wollte. Man kann nie genug Lesezeichen haben - und im besten Fall würde er sich über dieses Souvenir noch im Erwachsenenleben freuen. VERLÄSSLICHE BEGLEITER Lesezeichen sind Begleiter fürs Leben. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass meine Oma, bis sie starb, ein silbernes Lesezeichen mit einer Blume benutzte. Leider habe ich sie nie nach der Geschichte dieses Lesezeichens gefragt. Wer weiss, vielleicht war es das Geschenk einer heimlichen Liebe. Dem Benutzen von Lesezeichen haftet etwas Romantisches und Altmodisches an. Und es ist ein Zeichen des Respekts dem Buch gegenüber, das man liest. Denn ein Buch, das es schafft, einen zum Weinen, Staunen, Lachen oder auf neue Gedanken zu bringen, hat Besseres verdient als ein Eselsohr. Das finden zumindest echte Fans. "Viele Lesezeichen-Freunde haben eine ganze Sammlung und wählen daraus ein passendes für ihre jeweilige Lektüre", so Asim Maner, der selbst Lesezeichen herstellt, passionnierter Sammler ist und auf seiner Webseite miragebookmark.ch Interessantes zur Geschichte zu erzählen weiss. Hat man sich einmal für den Gebrauch von Lesezeichen entschieden, gehören sie irgendwie zu einem. Sie überstehen gescheiterte Beziehungen, Umzüge oder schlechte Urlaube. Und sind unsere Wächter - schliesslich markieren sie in einem Buch die so wichtige Stelle zwischen dem Davor und Danach. Für Asim Maner sind Lesezeichen aber noch etwas anderes: "So wie ich hübsch designte Alltagsgegenstände schätze, freue ich mich auch, ein gut gestaltetes Lesezeichen in die Hand zu nehmen", sagt er. "Menschen, die tatsächlich Geld für ein Lesezeichen ausgeben, kaufen es in erster Linie nicht wegen seiner Funktion, sondern wegen der schönen Aufmachung. Es ist also eine Art Liebesaffäre. Solange es dieses Bedürfnis gibt, wird es auch Lesezeichen-Liebhaber geben." Und dann kommt noch die psychologische Ebene ins Spiel. Denn sind Lesezeichen in gewisser Weise nicht auch ein Spiegel unseres Selbst? Sagt es nicht einiges über mich, aus welchem Material sie bestehen, was darauf abgebildet ist, ob sie handgefertigt oder ein Werbegeschenk sind? Vielleicht ist mein Lesezeichen alt, verknickt oder es sind darauf Sätze notiert, die ich bei der Lektüre besonders schön fand? Was würde ein Fremder wohl über mich denken, wenn er mein Lesezeichen fände? WECHSELVOLLE GESCHICHTE Lesezeichen gibt es bereits sehr lange. Einige Forschungen legen nahe, dass sie schon seit 2000 Jahren existieren. So fand man etwa bei Ausgrabungen in Ägypten welche aus Leder, die die Kopten im ersten Jahrhundert nach Christus benutzt haben sollen. Im Mittelalter waren Lesezeichen dann in den Klöstern unter den Mönchen verbreitet. Manche waren aus Pergament, andere wurden aus dem Rest des Leders gemacht, das man für die Bucheinbände benutzte. Und einige waren als Drehscheibe gestaltet, so dass man die Seite und den Abschnitt einstellen konnte, an dem man aufgehört hatte zu lesen. Sehr viel später, im 18. Jahrhundert, wurden dann erstmals Seidenbänder in den Buchrücken geklebt, wie wir es heute noch von gebundenen Büchern kennen. Die teureren Varianten waren mit Silber- oder Goldkügelchen und Halbedelsteinen verziert. Um 1850 fingen dann die Frauen an, Lesezeichen zu besticken, die sie für Bibeln oder Gebetsbücher benutzten. Diese hangefertigten Stickereien auf Papier waren ein beliebtes Geschenk für Einladungen oder Geburtstage. Ebenso wie elegante, aus Seide gewebte Lesezeichen. Sogar Prinzessinnen und Königinnen aus dem britischen Königshaus fertigten selbst welche an, wie Asim Maner weiss: "Viktorianische, aus Seide gewobene Lesezeichen aus der Manufaktur von Thomas Stevens kann man heute noch bei öffentlichen Vertsteigerungen erwerben. Sie kosten ab 50 Dollar bis hoch zu einigen Hundert Dollar." Findige Unternehmer kamen Ende des 19. Jahrhunderts schliesslich auf die Idee, Lesezeichen als Werbeplattform für Parfüms, Glühbirnen, Schokolade zu benutzen, Verlage präsentieren auf ihnen gern ihre Autoren und Neuerscheinungen, auch die Tourismusindustrie hat Lesezeichen für sich entdeckt. So bewahre ich in meiner Schreibtischschublade unter anderem Lesezeichen aus einem Schanghaier Hotel, einer Londoner Buchhandlung und einem Ort aus der Schweiz auf. Für mich sind sie mehr als Werbegeschenke, sie sind Zeugen meiner Erlebnisse. Krame ich sie hervor, hole ich mir damit auch ein Stück schöner Erinnerungen wieder ins Bewusstsein. Diese schmalen Streifen aus Papier, Leder oder Stoff sind also viel mehr als nur funktional. Ein unbekannter Autor hat einmal gesagt: "The world is your bookmark." Umgekehrt kann das ganz genauso gelten. MEHR ERFAHREN? Auf den Internetseiten ifobookmarks.org und miragebookmark.ch findest du noch mehr zu der Welt der Lesezeichen. |
Some of us keep using one and the same, others produce their own, still others take train tickets or postcards. But how did bookmarks come to the world at all - and what do they reveal about us? Last year we went to England for holidays. As we made a stop in the town of Bath in order to visit the impressive cathedral there were quite a few uninteresting stuff to buy in the souvenir corner, and we had to put our children off spending money on them. But then my eldest son held in his hands a dark green bookmark made of leather on which the facade of the cathedral was embossed. He looked at me with pleading eyes. And though he possesed at home a lot of bookmarks I could well understand that he desperately wanted to take along this one too. One can have never enough bookmarks - and at best, he would be glad about this souvenir in his adult life. RELIABLE COMPANIONS Bookmarks are life-long companions. I can remember for example that my grandma used a silver bookmark with a flower on it until she passed away. Unfortunately, I never asked her about the story of that bookmark. Who knows, maybe it was a gift by a secret love. The using of bookmarks has a romantic and old-fashioned air to it. And it is a sign of respect towards the book one reads. For a book that makes us weep, marvel or lough or inspires us with new ideas deserves better than a dog-ear. This is at least what true fans think. "Many friends of bookmarks have a whole collection and they choose a matching one for their respective reading", says Asim Maner who produces bookmarks himself, is a passionate collector, and tells on his website miragebookmark.ch interesting details about the history of bookmarks. Once you decide to use bookmarks they are somehow part of you. They survive failed relationships, relocations or bad vacations. And they are our guardians - after all they mark in a book the so important spot between the before and the after. For Asim Maner the bookmarks are also something else: "Just like appreciating pretty made everyday objects, I enjoy taking a well designed bookmark in my hand", says he. "People who actually spend money on a bookmark, do not buy it because of its function, but for its beautiful layout. It is a sort of love affair so to say. As long as this need exists, there will be bookmark lovers." And then the psychological level comes into play. Are the bookmarks in some way not a mirror of ourselves? Does it not tell something about me, which material they are made of, what is depicted on them, whether they are handmade ones or giveaways. Maybe my bookmark is old, creased or there are sentences noted on it which I found beautiful while reading? What would a stranger think about me if he would find my bookmark? EVENTFUL HISTORY Bookmarks have been present for a long time already. Researchs indicate that they have existed for 2000 years by now. Some bookmarks made of leather have been found in excavations in Egypt that seemingly have been used by Copts since the first century AD. Then in medieval times, bookmarks were common in monasteries among monks. Some were made of parchment, others made of rests of leather which have been used to produce book bindings. And some were designed as rotating disks enabling to mark the page and the column where one had stopped reading. Later in the 18th century, silk ribbons which we know from bound volumes have been fastened for the first time to the book spine. The valuable ones among them were embellished with gold or silver beads and semiprecious stones. Around 1850, women started to embroider bookmarks to use them in Bibles and prayer books. These handmade embroideries, mostly stitched on pre-fabricated punched paper and attached to silk strips, were popular presents for invitations and birthdays - likewise also the elegant woven silk bookmarks. Even princesses and queens from the British Royal House produced some for themselves, as Asim Maner knows: "Victorian woven silk bookmarks made by Thomas Stevens can still be bought on auctions nowadays. They cost from 50 up to several hundred dollars." Towards the end of the 19th century finally, inventive entrepreneurs had the idea of using bookmarks as an advertising platform for parfumes, light bulbs, and chocolate. Since then publishing houses like to present on them their authors and new editions, also the travel industry has discovered bookmarks for themselves. So I keep in my desk drawer among other things bookmarks from a Shanghai hotel, from a bookshop in London, and from a place in Switzerland. For me, they are more than giveaways, they are witnesses of my adventures. When I fish them out, I bring a piece of delightful memories back into my consciousness. Hence, these narrow stripes of paper, leather or fabric are more than mere functional items. An unknown author said once: "The world is your bookmark." The reverse can be valid just as well. DISCOVER MORE? You'll find more about the world of bookmarks on the websites ifobookmarks.org and miragebookmark.ch . |